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KREISS SAAL LIEBE

Er hat schon etwas sehr magisches an sich, dieser schöne Raum, in dem schon so viele Kinder ihren ersten Atemzug machten, zum ersten Mal die Arme hoben und die Augen aufmachten - hallo Welt. Ich mache die Tür auf - gedimmtes Licht - ein feiner Duft kommt mir entgegen. Eine kleine Lampe erhellt den Raum, es wirkt als wäre ich in einem gemütlichen Wohnzimmer. Anstelle des Sofas steht ein ganz besonderes Bett, das in jede beliebige Position gebracht werden kann - ein Gebärbett. Weiter hinten im Eck eine große, königsblaue Badewanne - sie wirkt wie ein kleiner Whirlpool, mit den beiden Henkeln an den Seiten. Ein gelbes Tuch, das zu einem Seil gewickelt wurde, hängt von der Decke - zum Festhalten, zum sich Reinhängen, zum Loslassen. Neben der Wanne liegt ein blauer Ball, vielleicht ist es ja angenehm sich einfach draufzusetzen, zu wippen, das Becken zu kreisen. Der Hocker aus Holz darf natürlich auch nicht fehlen - wie viele Kinder sind wohl zwischen diesen fein geschwungenen Holzbeinen geboren. Am Boden, auf einer Matte, im Wasser, stehend, hockend, liegend, auf der Seite, im Vierfüßler, am Bett, im Bett - so viele wunderbare Möglichkeiten bietet dieser große, warme, schöne Raum. Hier wird massiert, sich bewegt, sich entspannt, geschüttelt, sich beschwert, gelacht, geschrien, sich festgehalten, sich gefreut, getrunken, geplantscht, geweint, genossen, gegessen - geboren...

Jede Frau, jedes Paar, jedes Kind bringt seine eigene Geschichte mit in diesen Raum - die darin bleibt und ihn mich jedes Mal von Neuem ehrfürchtig und respektvoll betreten lässt. Oft wunderschöne Geschichten, manchmal spannende Geschichten, Notfälle oder traurige Geschichten füllen ihn. Aus wunderbar entspannter Ruhe kann hier manchmal schnell ein organisiertes, schnelles, lautes, grelles Handeln werden. Doch auch im Gegenteil kann aus einer lauten, grellen, harten Situation eine feine, ruhige, wohlige Atmosphäre geschaffen werden. Der Raum geht mit, er wandelt sich so, wie man ihn braucht. Ich gehe zu seiner anderen Seite, an deren Wand eine große Lampe hängt, die ein kuschelig vorbereitetes Bettchen wärmt. Tücher über Tücher, eine Windel und ein Maßband liegen dort. Daneben steht eine Waage, auf der schon unzählige Kinder zum ersten Mal gewogen wurden und dann die erste Windel bekommen haben und von den Hebammen untersucht wurden. Dem Kind und seinen Eltern wird genug Zeit zum Ankommen, Genießen und vor allem zum Kuscheln und sich Kennenlernen gegeben. Es wird gestillt, Freudentränen werden geweint, es wird gelacht und gegessen, Fotos werden gemacht, Oma und Opa, Familie und Freunde werden benachrichtigt - wunderschöne Momente werden genossen - voller Glück, voller Liebe, voller Leben.

Ich verlasse ihn, schließe die Tür hinter mir und gehe durch den großen Eingangsbereich zu meinen Kolleginnen - es ist ruhig und wir warten gespannt auf die nächste Geschichte, die ihn füllen darf, diesen Raum.





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